Ausflug. Eigentlich ein Wort, daß mehr verspricht als es am Ende hält. Wer ist bei einem Ausflug schon wirklich mal geflogen? Ich bin es gestern tatsächlich.
Dabei fing alles gar nicht so vielversprechend an. Der Wetterbericht vom gestrigen Morgen versprach nichts Gutes. Um 8:00 Uhr kam folgende Miteilung: „Es sind Schauer mit Gewitterneigung und entsprechend niedriger Wolkenuntergrenze für das nördliche Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein angekündigt. Somit muß ich Euch leider mitteilen, daß wir heute keinen Flugbetrieb haben werden.“
Der Ausflug vom Oldtimer-Stammtsich „Classics Nordheide“ schien damit hinfällig zu sein. Nicht mal eine halbe Stunde später, bekam ich dann aber die Info, daß wir den geplanten Besuch trotzdem abhalten wollen. Auch ohne Flugbetrieb.
Diese Nachricht habe ich allerdings dann erst relativ spät gelesen. Da hatte ich den Tag eigentlich schon anderweitig geplant. Somit bin ich etwas später in Fischbek aufgeschlagen.
Vom Hörensagen war mir das Segelfluggelände durchaus bekannt. Wäre auch schlimm wenn nicht, denn schließlich befindet sich das gerade mal fünfhundert Meter Luftlinie von meiner Werkstatt entfernt. Nur welches riesige Areal sich dahinter verbirgt, wurde mir erst gestern so richtig bewusst.
Außerdem konnte ich mir immer gar nicht so recht vorstellen, daß hier wirklich geflogen wird. Für mich gab es hier nur Wald.
Und genau in einem solchen lag dann auch das eigentliche Vereinsgelände.
Flugzeughallen, Werkstätten alles mittem im Wald. Wo soll man hier fliegen können?
Die Antwort erhielten wir dann wneige Zeit später. Mit der Bergziege, ein vom HVV ausrangierter O 309 D, der damals auf der legendären Linie 48 in HH-Blankenese die kleinen Straßen durchkreuzte, ging es hinaus aufs Flugfeld. Das Teil war schon mal voll Altblechtauglich.
Keine Bäume mehr. Jetzt waren wir mitten in der Fischbeker Heide. Sozusagen die Lünebuerger Heide in klein. Für mich war es wirklich eine riesen Überaschung was sich hier für eine wunderbare Landschaft eröffnete. Das ganze in direkter Nachbarschaft zu meiner Werkstatt.
Klar, ein Großflughafen war hier nicht zu erwarten, aber den braucht es für die Segelfliegerei auch nicht. Trotzdem ist alles vorhanden.
Die Flugleitung war in einem alten Militär-LKW untergebracht. Fabrikat konnte wir allerdings nicht bestimmen. Ich vermute irgendwas englisches.
Auch die beiden Schleppseilzurückholer waren aus Altblech.
Zwei Käfer wechselten sich ab um die beiden Schleppseile von der Winde wieder zurück zum Startplatz zu holen.
Wie man den Bildern jetzt schon entnehemen kann, gab es sehr wohl Flugbetrieb. Das Wetter war besser als vorhergesagt. Schauer oder gar Gewitter blieben komplett aus. Somit stand wir alle nun vor der Frage: Ausfüllen und Unterschreiben oder kneifen.
Ich habe unterschrieben!
Mit zwei Segelfliegern ging es im Wechsel an dann an den Start. Ich hatte die Numer 6 zugelost bekommen. Nicht viel Zeit also um sich es noch einmal anders zu überlegen. Kurze Zeit später wurde es dann ernst. Ich war Startklar.
Jetzt fehlte nur noch mein Flieger. Da kommt er gerade von seiner Tour zuürck.
Nachdem das Flugzeug dann von der Landebahn zurück an den Startplatz geschoben wurde durfte ich Platz nehmen. Ein alter Passat ist eindeutig bequemer. Gerade die Beinfreiheit war doch sehr eingeschränkt.
Ein kurze Einweisung vom Piloten: Links das Variometer, in der Mitte die Geschwindigkeitsanzeige und rechts der Höhenmesser. Oben drauf noch ein Kollisionswarngerät.
Zum Schluß dann noch die Bitte die Finger von sämtlichen Hebel und Bedienelemnten zu lassen. Die waren nämlich ebenfall alle doppelt vorhanden, da mit diesen Flugzeugen neben den Gastflügen auch Ausbildungsflüge für angehende Segelflieger durchgeführt werden.
Der Start sorgte dann schon für das erste Kribbeln in der Magengegend. In unter 3 Sekunden geht es von 0 auf 100 km/h. Das Ganze in einem Winkel von 45°. Du siehst also nichts außer Himmel.
Auf gut 400m Höhe war der Ausklinkzeitpunkt erreicht. Das Seil sinkt per Schirm zu Boden.
Ich brauchte ein gewisse Zeit um mich an die Situation zu gewöhnen. Nicht das ich mich unwohl gefühlt hätte, aber das war halt eine völlig neue Erfahrung für mich. Etwas über 450 Kilogramm, inklusive Pilot und mir, in der Luft verhalten sich eben doch etwas anders als man es von „normalen“ Flugzeugen gewohnt ist. Du merkst wirklich jedes Luftloch und jede Windböe. Und dann diese Kreiselfüge um Höhe zu gewinnen. Guckst Du zur Seite, guckst Du auf den Boden oder in den Himmel. Von unten sieht das alles viel ruhger aus. In so einem Flieger schüttelt es dich schon mächtig durch.
Die ersten Eindrücke hatte ich dann aber recht schnell verdaut und hatte den Mut gefasst auch mal zur Kamera zu greifen.
Jetzt sieht man auch, warum ich angenommen hatte, daß hier doch überall nur Wald ist. In der Bildmitte das Flugfeld und oben rechts habe ich meine Werkstatt. Links im Bild sieht man Neu Wulmstorf. das ist dann schon Niedersachsen. Die Landesgrenze zu Hamburg verläuft praktisch direkt unter uns.
Eine andere Grenze durften wir partout nicht überschreiten. Segelflug bedeutet Sichtflug und da wäre es blöd wenn man plötzlich in die dunklen Wolken eintaucht. Auch wenn unter den dunklen Wolken ein gute Thermik herrscht, so viel habe ich immerhin gelernt, mussten wir den Steigflug irgendwann abbrechen.
Eine tolle Aussicht gab es aber trotzdem. Rechts die Ausläufer vom Hamburger Hafen, in der Mitte der kleine weiße Fleck müsste eigentlich das Krankenhaus Altona sein und links am Bildrand das Airbus-Werk. Toller Ausblick und jetzt wo ich mich an die Situation gewöhnt hatte, machte es auch richtig Spaß.
Nach gut 15 Minuten wares dann aber wieder vorbei. Schließlich warteten unten noch weitere Leute auf dieses Erlebnis.
In rasantem Tempo ging es abwärts. Das Variometer zeigt den Sinkflug deutlich an.
Die Landung war dann wenig spektakulär. Die hätte ich mir viel unsanfter vorgestellt. Da hat es mich oben in der Luft mehr durchgeschütelt.
Ich würde es wieder tun! Keine Frage.
Zurück zum Vereinsgelände ging es dann zu Fuß. Wir hatten keine Lust auf die nächste Tour mit der Bergziege zu warten.
Ein kuzer Fußmarsch, vorbei an der notwendigen Flugfeldsicherung und an typisch Hamburger Landschaften.
Allein diese Eindrücke waren den Ausflug wert. Da denkst du, du kennst Hamburg und dann gibt es immer wieder neue Ecken.
Auf dem Vereinsgelände war dann noch etwas Zeit sich um Altblech und Altsprrrholz zu kümmern.
Der Flieger ist von 1957 und wurde von Verein vor ein paar Jahren in erbärmlichen Zustand zurückgekauft und wieder flugtauglich hergestellt.
Auch ein Hobby, bei dem man bestimmt unzählige Stunden versenken kann.
Bevor sich die Runde jetzt auslöste, gab es noch Kaffe und Kuchen bei mittlwerweile schönstem Wetter. Schön wenn sich die Wettervorhersage mal wieder nicht bewahrheitet hat.
Mein ganz besonderen Dank gilt hier noch mal dem Segelflug-Club Fischbek e.V., inbesondere Werner, der uns dieses unvergeßliche Erlebnis ermöglicht hat.