Der alte Werbetitel „Der Selberfinder“ stammt aus dem Jahr 1981 und hat gestern bereits sein Können unter Beweis gestellt. Der Paketbote lieferte mir das Radio an, das jetzt in den Marinogelben ´76er soll.
Mit dem Titel „Der Selberfinder“ warb Philips damals für dieses Radio, welches unter dem Teilenummer Z 051 125 auch bei VW in der Zubehörpreisliste stand. Es lief zuvor wohl auch unter dem Namen „Neckarsulm“. Direkt von Philips wurde es unter der Bezeichnung AC994, angeboten. Ich habe nun diese Phillips-Version recht günstig bei ebay ersteigern können.
Hier auf meinem Autoradioprüfstand, so wie ich es heute erhalten habe. Ein wenig verschmutzt, aber bis auf den fehlenden Klangregler auf der linken Achse soweit komplett.
Warum aber nun ausgerechnet dieses Radio und warum so ein Brimborium um dieses Teil? Dazu versuche ich mal, ein paar, hoffentlich richtige, Hintergrundinfos aufzuführen.
Dieses Radio ist ein Wolf im Schafspelz. Äußerlich ist es absichtlich schlicht gehalten. Im inneren hat es das Teil aber faustdick hinter den Ohren hat. Und das hatte damals auch seinen Preis. Die Angaben schwanken etwas, aber der Preis für dieses Radio lag wohl bei ca. 1.500,- DM! Das waren fast 10% vom Neupreis eines Passat.
Somit ist auch verständlich, daß das Teil wirklich sehr, sehr selten ist. Zu der geringen Verbreitung trug sicher auch der Name Philips bei. Gegen die Deutsche Vorzeigemarke Blaupunkt, kamen die Holländer nur schwer an. Aber bei diesem Radio handelt es sich widererwartend auch um ein Produkt aus Deutschland. Entwickelt an der Universität München, wurde es in Wetzlar gebaut.
Was machte das Radio nun aber so teuer?
Es besitzt keine Stationstasten im herkömmlichen Sinne. Hierbei handelt es sich eher um Programmtasten. Hinter jeder Taste lassen sich 10 unterschiedliche Frequenzen eines Senders ablegen. Somit entfällt bei längeren Strecken, das manuelle Suchen, nach der jeweils stärksten Freuquenz. Heute ist uns das durch den Einsatz vom RDS schon gar nicht mehr geläufig. 10 Jahre bevor das RDS-Signal Einzug hielt, war es ein Novum.
Möglich wurde dies durch zwei separate Empfangsteile. Eins davon scannt ständig die 10 abgespeicherten Frequenzen, unter der jeweils gedrückten Programmtaste, ab. Das andere bringt das jeweils stärkste Signal zu den Lautsprechern. Durch den Einsatz eines 16Bit 8086-Mikroprozessors von Intel wurde dieses aufwändige Verfahren realisiert. Interessante Geschichte am Rande: Der 8086 wurde vor allem im IBM-PC und dessen Nachbauten eingesetzt, aber auch z. B. im Space Shuttle. Die NASA sucht noch immer regelmäßig den Restbestände-Markt nach einer bestimmten, heute nicht mehr hergestellten Spezialversion des 8086 ab, um das Shuttleprogramm wie geplant bis 2012 durchführen zu können. Diese Version des 8086 ist besonders unempfindlich gegen elektromagnetische Strahlung und wurde daher vom Militär bevorzugt verwendet. Vielleicht sollte ich das Radio mal bei der NASA anbieten. 😉
Der Aufdruck „MCC micro computer“ auf dem Kassettenfachdeckel, deutet auf den wertvollen Inhalt hin.
Die Datenspeicherung soll auch bei abgeklemmter Batterie mindestens 10 Jahre erhalten bleiben.
Ein automatischer Sendersuchlauf war natürlich auch mit inbegriffen. Genauso wie der Empfang von Lang- und Mittelwelle und sogar die Kurzwelle auf dem 49m-Band.
Das Kassetten-Deck passt sich automatisch an alle Band-Typen an, einschließlich Metallbändern.
Kurzum, ein Radio, das es dem Fahrer ermöglicht, sich auf die Straße zu konzentrieren.
Ein paar Kleinigkeiten muß ich an dem Radio noch machen. Das Display ist dunkel. Ich denke nicht, daß das bei einem Radio dieser Preisklasse so sein soll. Dann gibt es noch eine gründliche Reinigung der Front und die Riemen vom Kassettendeck müßen noch neu. Einer ist gerissen, der andere ist zwar noch ganz, aber auch nicht mehr richtig frisch. Das Deck brauche ich zwar eigentlich nicht, aber wenn schon, dann richtig. Wenn ich Glück habe und die Riemen auf Lager sind, kann ich die Riemen heute (Karfreitag!!!) abholen.
Dann muß ich mich noch darum kümmern, wie ich die ganzen Frequenzen eingespeichert bekomme. Das wird ohne Anleitung wahrscheinlich aussichtslos sein, aber ich habe da schon jemanden gefunden, der noch eine Bedienungsanleitung für den Selberfinder hat.
Die Frequenzen werde ich hoffentlich im Netz finden. Für mich Nordlicht, ist erst mal NDR 2 das wichtigste, eventuell noch Welle Nord, die haben immer so schöne Schlager….